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Akkordeonmusik auf höchstem Niveau

Saisonabschlusskonzert des LandesJugendAkkordeonOrchesters NRW in Wuppertal

Ein glanzvolles Konzert im Mendelssohn-Saal der Historischen Stadthalle Wuppertal war der Startpunkt für die diesjährige Konzerttour nach Belgien und Luxemburg des LandesJugendAkkordeonOrchesters Nordrhein-Westfalen (LJAO NRW). Unter der Leitung von Silke D’Inka entfaltete das Projektorchester eine musikalische Bandbreite, die von klassischer Virtuosität über sinfonische Klangwelten bis hin zu zeitgenössischer Akkordeonliteratur reichte. Und es zeigte damit eindrucksvoll, warum es zu den führenden Auswahlorchestern Deutschlands zählt. 

Spannungsreiches Programm mit Originalkompositionen

Vier herausragende Originalwerke für Akkordeonorchester bildeten den Kern des Programms – ein Bekenntnis zur Förderung moderner Repertoireentwicklung bei diesem Projektorchester. Mit Ian Watsons „The Legend of King Arthur“ eröffnete das Orchester den Abend in filmischer Klangsprache. Die vierteilige Suite („Welcome to Camelot“, „The Knights of the Round Table“, „Guinevere and Lancelot“, „Arthur’s Victory at Mount Badon“) faszinierte mit wunderschöner Melodik, dramatischer Rhythmik, kraftvollem Schlagwerk und erzählerischer Dichte.

Stefan Hippes „KaHaNi“, das mit Abstand anspruchsvollste Werk des Abends, entführte in die klangliche Welt Indiens mit moderner Tonalität. In drei kontrastreichen Sätzen – Walzer, Fuga (als Flucht) und Marsch – verband der Komponist komplexe rhythmische Strukturen mit expressiver Harmonik. Das Publikum folgte gebannt dieser „Geschichte“ (so die Bedeutung des Titels in Hindi), die das Orchester in technischer Brillanz und musikalischer Tiefe meisterte.

Hans-Günther Kölz’ „Episodes sur une Image“ basiert auf einer bildhaften Inspiration: Nach dem Gemälde „La pêche miraculeuse“ von Konrad Witz aus dem Jahr 1444 komponiert, verarbeitete Kölz darin einen Choral, den auch Bach mehrfach verwendete – ein dichtes, farbenreiches Werk, das das LJAO NRW mit feinem Gespür für Klangbalance interpretierte.

Mit Silke D’Inkas „Atlantis“ rundete eine atmosphärisch dichte Originalkomposition der Dirigentin das Programm ab. Die Fantasie über die mythische versunkene Stadt beeindruckte durch schwebende Klangflächen, eruptive Steigerungen und eine große dramaturgische Linie – ein vom Verband von accordeon.ch beauftragtes Pflichtstück der Oberstufe zum Eidgenössischen Akkordeon-Musikfest 2024 in Sursee.

Klassiker und ein bisschen Rock

Auch die klassischen Bearbeitungen boten große Momente: Der spritzige „Teufelstanz“ von Hellmesberger (arr. Matthias Hennecke) begeisterte mit Witz und Präzision, während Widors berühmte „Toccata“ (arr. Matthias Hennecke) das Orchester wie eine majestätische Orgel klingen ließ. Monumental endete das Konzert mit dem 4. Satz „I Pini della Via Appia“ aus Ottorini Respighis sinfonischer Dichtung „Pini di Roma“ (arr. Stefan Hippe): Ein Marsch, der vom kaum hörbaren Pianissimo zu einem triumphalen Klangfinale anschwoll. Dieser Teil schildert, wie die römischen Legionen morgens früh die Stadt, der Via Appia entlang, verlassen.

Mit „Holding Out for a Hero“ von Jim Steinman und Dean Pitchford, einem großen Hit von Bonnie Tyler 1984, wagte das Orchester vorher noch einen von den Zuhörerinnen und Zuhörern begeistert aufgenommenen Ausflug in die Rockmusik. Unter der Leitung von Peter Lohmar, dem stellvertretenden Leiter des Orchesters und Arrangeur dieses Songs, und mit der ausdrucksstarken Stimme von Jasmin Zymelka sorgte das Ensemble für einen mitreißenden Kontrast.

Der Saal tobte am Konzertende – Standing Ovations und Zugaberufe belohnten die Leistung der jungen Musikerinnen und Musiker. Mit dem „Galop“ aus Chatschaturjans Masquerade Suite verabschiedete sich das LJAO NRW schwungvoll in seine Tournee nach Belgien und Luxemburg. Das Publikum hätte gerne noch mehr gehört…

Generationenübergreifende Akkordeonmusik

Ein weiteres Highlight war die Mitwirkung des LandesSeniorenAkkordeonOrchesters Nordrhein-Westfalen, das unter der Leitung von Sabine Kölz wieder einmal seine Spielfreude unter Beweis stellte. Mit frischen Arrangements bekannter Pop- und Rockhits, aber auch mit konzertanten Werken zeigt das Ensemble eindrucksvoll, dass Musik keine Altersgrenzen kennt. Auf dem Programm standen tolle Neuerscheinungen von Arrangements aus dem Pop-/Rock-Bereich wie „You've Got A Friend“ von Carole King von 1971, „Cherish“ von Kool & The Gang von 1984 und ein Medley „Best of Roy Orbison“ mit seinen Welthits „Pretty Woman“, „Unchained Melody“ und „You Got It“, zusammengestellt von Jürgen Moll.

Zum Einstieg gab es ein konzertantes Programm mit interessanten und zeitlos schönen Werken: „A Discovery Fantasy“ von Jan den Haan, eigentlich für Blasorchester geschrieben mit einem Thema einer holländischen Musik-Fernsehsendung aus den 1980er Jahren, für Akkordeonorchester arrangiert von Hans-Günther Kölz, „Morgen in den Bergen“, ein Stimmungsbild des großartigen Komponisten und Orchesterleiters Rudolf Würthner aus dem Jahre 1953, und „Return To Värmeland“ – Hans-Günther Kölz komponierte dieses zauberhafte Stück, in das er das schwedische Volkslied „Ack Värmeland, du sköna“, dass die Schönheit Värmelands beschreibt, einfließen ließ.

Die Akkordeonistinnen und Akkordeonisten freuten sich über eine gelungene Darbietung. Das Publikum feierte das Projektorchester des Deutschen Harmonika-Verbandes – Voraussetzung für die Mitwirkung ist ein Alter von mindestens 60 und dass man gut Akkordeon spielen kann. Als Zugabe erklang noch das unterhaltsame und humorvolle „Plink! Plank! Plunk!“ von Leroy Anderson.

Der Saisonabschluss war insgesamt ein Fest der Akkordeonmusik – künstlerisch ambitioniert, emotional berührend und klanglich überwältigend. Das LJAO NRW bewies wieder einmal eindrucksvoll, dass das Akkordeon längst in der sinfonischen Gegenwart der anspruchsvollen Musik angekommen ist. Gefördert wurde das Konzert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Landesmusikrat NRW e.V. Organisiert wurde auch dieses Konzert wieder vom Geschäftsführer des LJAO NRW Thomas Ahrendt, der damit nach 35 Jahren aus dieser Verantwortung ausscheidet. In seine Amtszeit fallen neben der Koordination der Proben- und Konzertaktivitäten des Projektorchesters auch die großen Konzerttouren nach Brasilien, China, Russland, Kolumbien, Costa-Rica und Südafrika – inklusive der Mittelbeschaffung.

(Anita Brandtstäter)

Foto 1: Das LandesJugendAkkordeonOrchester Nordrhein-Westfalen unter Silke D'Inka beim Saisonabschlusskonzert in der Historischen Stadthalle Wuppertal. Foto: Anita Brandtstäter

Foto 2: Das LandesSeniorenAkkordeonOrchester Nordrhein-Westfalen unter Sabine Kölz als Gast des LandesJugendAkkordeonOrchesters in Wuppertal. Foto: Anita Brandtstäter