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Wie viel Ökonomie verträgt die Kreativität?

Am 15. Oktober stellte sich der junge kulturPartner nrw e.V. in der Zeche Zollverein der Öffentlichkeit vor. Der Zusammenschluss von Kulturpartnern von WDR 3 richtete eine Podiumsdiskussion zur Frage "Wie viel Ökonomie verträgt die Kreativität"" aus.

 

Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff begrüßte eine erlesene Gästeschar aus dem nordrhein-westfälischen Kulturleben mit seiner These: "Die Ökonomie bedurfte in der Geschichte noch nie so sehr der Kreativität wie heute." Und an die Veranstaltung stellte er die Frage: "Inwieweit entwickeln wir neue Spielregeln zwischen Ökonomie und Kreativität, die der Kultur ihre Spielweise belassen, um Kreativität entstehen zu lassen" Und wie kommen wir zu einem Selbstbewusstsein, der Wirtschaft als Partner gegenüberzutreten""

 

Diskussionsleiter David Eisermann gab diese Frage an Ilona Schmiel (Beethovenfest Bonn), Gerhart Baum (Kulturrat NRW), Prof. Max Fuchs (Deutscher Kulturrat) und Prof. Karl Karst (WDR3) weiter. Über den meisten Stellungnahmen schwebte die internationale Finanzkrise. Nicht alle befanden sie nur als Belastung des Kulturlebens. Ilona Schmiel sah eine neue "Stunde Null", die von den Kulturschaffenden genutzt werden müsse. Gerade jetzt sei die Gelegenheit gegeben, neue Spielregeln für die Zusammenarbeit von Kultur und Ökonomie zu erarbeiten.

 

Max Fuchs, der nicht nur den Deutschen Kulturrat, sondern auch die Musische Akademie Remscheid vertrat, spürt die Finanzkrise vor allem bei den Kommunen. Das Rettungspaket der Bundesregierung für die Banken, dass von Ländern und letztlich auch von den Kommunen mit getragen werden muss, lässt voraussehen, dass bald jegliche freiwillige Leistung der öffentlichen Haushalte auf dem Prüfstand stehen wird, die Kultur vorne an. Die Kommunen sind die wichtigsten Träger von Kulturarbeit, stehen auch dem Bürger am nächsten. Immer schon hat der Deutsche Kulturrat die Definition von Kultur als Staatsziel gefordert, um die Kultur als Pflichtaufgabe zu schützen. Jetzt ist dies dringender denn je.

 

Die wichtigste Aufgabe zum Erhalt und Ausbau der Kreativität in der Gesellschaft ist die Verstärkung der kulturellen Bildung der Kinder und Jugendlichen " darüber waren sich alle Diskutanten einig. Doch bei wem liegt der größte Handlungsbedarf" Gerhart Baum lobte die NRW-Landesregierung, die mit den Programmen "Kultur und Schule" und "Jedem Kind ein Instrument" deutliche Akzente gesetzt hat. Müssen sich die Medien, allen voran der WDR, nicht zum Vorreiter dieser Bewegung machen"

 

Karl Karst bestätigte Gerhart Baum, sah hier aber eigentlich das Fernsehen gefordert, kann er doch für den WDR-Hörfunk eine gute Bilanz vorweisen. Karst räumt ein, dass derzeit nur 7 % der Bevölkerung Interesse an ernsthafter Kultur haben, diese aber immer hin oft zu den Entscheidungsträgern würden: "Sie spielen, sie lassen sich anregen, Kultur tut hier etwas." Die Landesregierung hat mit "Jedem Kind ein Instrument" eine Voraussetzung für eine "Porenöffnung" geschaffen, so Karl Karst, eine unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung von Kreativität.

 

Max Fuchs forderte, dass WDR3 seine Zielgruppe ausdehnen muss. Die junge Generationen haben große Medienerfahrung und Lust an technischen Medien. Dort müsse man sie abholen. Auch Ilona Schmiel sieht im Internet keine Gefährdung des Kulturlebens, sondern eine Chance. Podcasting müsse ausgeweitet werden, Download-Angebote führten zur Nutzung von Kultur. Kostenlos müssen diese bleiben, wobei die Träger die Künstler entgelten müssten, nicht jedoch die Industrie.

 

Baum verurteilte die allgemeine Kritik an den digitalen Angeboten der Öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Zu deren Kulturauftrag gehöre es, die digitalen Medien zu nutzen. Die von den Verlegern angezettelte Diskussion ist ihm zu kleinlich. Aber die Öffentlich-rechtlichen Kulturanstalten müssen den Kulturauftrag auch erfüllen. Den WDR sieht er hier noch als Vorreiter, andere Häuser der ARD erfüllen ihn seiner Meinung nach.

 

Bei der Einführung des Dualen Systems von Öffentlich-rechtlichen und privaten Medien hatte sich Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff mehr versprochen als eintrat. Die Öffentlichen sollten sich meiner Meinung nach auf den Bildungs- und Kulturauftrag zurückziehen und den Rest den Privaten überlassen. Dafür sollte die Erfüllung des Bildungs- und Kulturauftrags frei vom Quotendruck sein. Dass die Öffentlichen alles anbieten, alles aber unter Quotendruck steht, hält er für eine falsche Entwicklung. Nicht einzusehen sei es, dass Kultursendungen nachts ausgestrahlt werden, weil um 20.15 h die Quoten zählen würden. Es ist letztlich eine Frage der Werte, die jetzt aktueller sei denn je. Denn auch die Krise der Finanzwirtschaft sei letztlich eine Krise der Werte, die in der Gesellschaft neues Nachdenken fordere.

 

Der Vorsitzende des kulturPartner nrw e.V. Prof. Gerhard Kilger freute sich über einen gelungenen Auftakt des neuen Zusammenschlusses. Der Vorstand des Vereins besteht neben ihm aus Jolanta Nölle (Stiftung Zollverein), Ilona Schmiel (Beethovenfeste Bonn), Eva Luise Roth (Landesmusikrat NRW) und Sylvia Schmeck (WDR3).

 

Die Diskussion wird im "Kulturpolitischen Forum WDR3" am 2. November um 19.05 ausgestrahlt. Als Podcast zu hören unter www.wdr.de/radio/home/podcasts/channelausspielung.phtml"channel=forum.

 

Fotos:

Zeche Zollverein

Karl Karst (WDR3) und der Vorstand des kulturPartner nrw e.V: Jolanta Nölle (Stiftung Zollverein), Sylvia Schmeck (WDR3). Prof. Gerhard Kilger (DASA), Ilona Schmiel (Beethovenfeste Bonn) und Eva Luise Roth (Landesmusikrat NRW)

Fotos: Stiftung Zollverein