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Transorient Orchestra und Jugendjazzorchester NRW im gemeinsamen Konzert

Wie dirigiert man eigentlich einen 10/8-Takt?, fragten die Ruhrnachrichten, als sie das Konzert von Transorient Orchestra und Jugendjazzorchester NRW am 10. November im Domicil Dortmund ankündigten. Und die Zeitung beantwortete die Frage selbst, in dem sie in einer Graphik die Bewegungen eines Dirigenten verdeutlichte. Fehl ging sie mit dieser Stoßrichtung nicht, denn Organisator Thomas Haberkamp gestand dem Publikum im Domicil, dass seine Jazzer zu Beginn der Probenphase in der Landesmusikakademie NRW mit angestrengter Miene hinter ihren Pulten saßen. 10/8-, 7/8- und 11/8-Takte sind einer Bigband nicht selbstverständlich.

Das Transorient Orchestra hingegen hat diese Takte und Rhythmen im Blut, Schlagzeuger Fethi Ak ist in einem guten Teil nordrhein-westfälischer Weltmusik-Ensembles engagiert, der versierte Santor-Virtuose Kioomars Musayyebi ist mit allen rhythmischen Wassern gewaschen, Frontmann Andreas Heuser ist nicht nur Gitarrist, sondern ausgewiesener Experte für die Rhythmen und Melodien der kulturellen Vielfalt und seine Mitstreiter stehen ihm kaum nach. Nach zwei Tagen Probenarbeiten wirkten die Gesichter der jungen Jazzer, die fast durchweg Preisträger des Wettbewerbs Jugend jazzt NRW sind, entspannt, beruhigte Haberkamp die Zuhörer. Die Ensembles, die beide Träger des WDR-Jazzpreises sind, verstanden sich bestens.

Zu Beginn spielten sie abwechselnd Stücke aus ihren derzeitigen Repertoires. Die Bigband-Leiter hatten zudem einige Kompositionen für die gesamte Formation bearbeitet. Und es wartete eine neue Komposition von Andreas Heuser auf ihre Premiere nach einem ersten öffentlichen Testlauf in der Landesmusikakademie. Die Bühne fasste die Ensembles nur knapp, die Monitorboxen balancierten gefährlich nahe am Abgrund. Andreas Heuser, Stefan Schulze und Gabriel Perez drängten sich zentimeterweise an ihnen vorbei und reichten einander mit gestreckten Armen das Moderatorenmikrofon zu.

"Nihavent Longa" ist ein Stück aus dem Repertoire des Transorient Orchestra. Gabriel Perez arrangierte es nun für Interkulturelles Ensemble und Big Band. Zudem hatte sich Stefan Pfeifer-Galilea, ein weiterer Leiter des Jugendjazzorchesters, "Sarahah" vorgenommen und dieses um swingende Bläsersätze ergänzt. "Wahrhaftigkeit" bedeutet der Titel in etwa. Die meisten kennen ihn eher als App zur Nachrichtenversendung und wissen kaum, welche eine bezwingende Melodie sich in der gleichnamigen Komposition verbirgt.

Dann die thrakische Suite: Thrakien, die bezaubernde Landschaft auf der östlichen Balkanhalbinsel, teils bulgarisch, griechisch, teils türkisch, ist der Gegenstand dieser nicht minder bezaubernden Dichtung des Transorient Orchestras. An diese legte Stefan Schulze Hand an. Den Melodien der Suite, die im 9/8-Takt stehen, verordnete er Taktwechsel - Andreas Heuser vermutete in seiner Moderation, dass Schulze dies nur tat, damit auch das Transorient Orchestra einmal ins Schwitzen komme. Tat es nicht, vielmehr beeindruckte Kioomars Musayyebi mit einem filigranen und überaus virtuosem Santor-Solo.

Andreas Heusers "Transorient Suite" besteht aus vier Sätzen, die jeweils Eigenarten der nahöstlichen Musik verarbeiten. Der Kopfsatz "Šaḥar" deutet auf die "Morgendämmerung", aber auch auf ein Maqam hin, eine Tonskala, die den Satz prägt. Er steht in jenem 10/8-Takt, den die Ruhrnachrichten zum Anlass ihrer Dirigatsgrafik nahmen. Der 2. Satz "Anatolia" übernimmt hingegen den 9/8-Takt einiger anatolischer Melodien und wechselt mitunter zu 5/8-Rhythmen. Der 3. Satz "Isfahan" thematisiert die Hauptstadt einer iranischen Provinz und wiederum eine Tonskala. Das Finale, der "Transorient Express", rast durch nahöstliche Melodien und Motive zur Schlussfanfare.

Heusers "Transorient Suite" entstand im Auftrag des Landesmusikrats NRW, gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW. Das Jugendjazzorchester NRW ist Förderprojekt des Ministeriums. Das Konzert war Teil der Dortmunder Jazztage und wurde von WDR3 mitgeschnitten.

rvz

Fotos: Transorient Orchestra und Jugendjazzorchester NRW am 10. November 2017 im Domicil; Fotos: LMR NRW.