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Preisträgerkonzert „Jugend komponiert NRW“ im Studio der musikFabrik

André Stärk, Professor an der Hochschule für Musik Detmold und Vorsitzender des Landesausschusses "Jugend komponiert NRW", begrüßte das Publikum am 5. Juli 2013 im vollbesetzten Studio der musikFabrik im Kölner Mediapark. 58 junge Komponistinnen und Komponisten haben in diesem Jahr am Wettbewerb teilgenommen, etwas weniger als beim Wettbewerb zwei Jahre zuvor. Stärk wies auf die Einbrüche hin, die in der musikalischen Bildung derzeit in Zeiten von G8 und Doppelabitursjahrgang spürbar sind. G8 wird sich seiner Einschätzung nach auch weiterhin auswirken. Nicht nur hat die Bildungspolitik die Zeit, die den Jugendlichen außerschulisch für kulturelle Bildung zur Verfügung stand, drastisch reduziert, künftig werden auch die Musikhochschulen in ihren Aufnahmeprüfungen merken, dass die deutschen Bewerber ein Jahr weniger für ihre musikalische Entwicklung und Reifung zur Verfügung hatten.

Das von Michael Bender (Landemusikrat NRW) organisierte Konzert begann mit den „Farbstimmungen“ von Carina Herdin aus Bochum für Klavierquintett: zwei Sätze übertrugen „violett“ und „rot“ in eine neoromantische Sprache, die Lasse Opriel und Christopher Huber an den Violinen, Anna Pelczer an der Viola, Alexander Zhibaj am Violoncello und Yuhao Guo am Klavier gekonnt artikulierten.

Manche Einreichungen präsentierten die Veranstalter als Einspielungen, denn sie ließen sich nicht im akustischen Vortrag präsentieren, so Janis Leon Theurers narrative „Journey“ und Carlotta Joachims tonale, motorisch dahin jagende „Filmmusik“, die keinem bestimmten Film zugeeignet ist.

Aus dem Oeuvre des Dorstener Komponisten Tobias Seidel gab es gleich zwei Werke, sein Streichquartett Nr. 2 in D-Dur (Opriel, Hubert, Pelczer, Zhibaj) und seine Fuge c-Moll für E-Gitarre, Violine, Viola und Violoncello. Es erklang eine strenge kontrapunktische Fuge, aus deren Tonsatz sich nicht recht ergeben wollte, warum nun die Streicherformation durch den Einsatz der E-Gitarre (Denis Schmitz) durchbrochen war, doch interessant klang es alle Male. Moderator Nicolas Tribes erfuhr von Seidel, dass es der Fund einer alten Hammond-Orgel auf dem Dachboden seiner Großmutter war, der Seidel zur Musik gebracht hatte. Erst spielte er am E-Piano mit Freunden Heavy Metal, doch durch das Erlebnis des „Dies Irae“ aus Mozarts Requiem kam er zur klassischen Musik. Und so bekannte er nun auch gerne, dass sich sein D-Dur-Quartett an Joseph Haydn orientiert.

Der neunjährige Christian Brandenburger aus St. Augustin schreibt einen zwölfteiligen Zyklus von Toccaten, op. 9, von denen er die zweite am Klavier vorstellte. Fertig ist der Zyklus noch nicht. Mal komponiert er an der einen weiter, mal an der anderen: „und wenn ich keine Ideen habe, schreibe ich halt gar nicht“, gestand er Tribes nonchalant.

Valentin Ruckebier aus Remscheid ist für die Wettbewerbsleitung schon ein vertrauter Bekannter. Zum vierten Mal ist er Preisträger und mittlerweile ist er 15 Jahre alt. Seine Kompositionen haben sich vom Tonalen ins Freitonale gewandelt und sind in ihrer Sprache knapper geworden. Der Schüler von David Graham orientiert sich an Olivier Messiaen und ließ sich in seinem Werk „Cèu“ für Saxofon, Violine und Klavier von einem Foto inspirieren, das er in Spanien aufgenommen hat. Er legte ein Raster über das Bild und übersetzte Kästchen für Kästchen in Musik. Silas Kurth, Lasse Opriel und Yuhao Guo interpretierten diesen ästhetischen Transfer mit einer sehr direkten musikalischen Gestik. Ab Herbst wird Ruckebier seine Kunst als Jungstudent von Manfred Trojahn weiterentwickeln.

Leander Ruprecht hingegen ließ sich von einem Gedicht Paul Celans anregen. „Schimmelgrün ist das Haus des Vergessens“ ist eine lyrische Impression für Sopran (Johanna Ebener-Holscher), Violoncello (Alexander Zhibaj) und Klavier (Ruprecht). Ruprecht kann, wie er Tribes mitteilte, mit Richard Wagner nichts anfangen, mit Sofia Gubaidulina aber viel. Seine Vertonung erinnert an die prosahaften Vokalpartien, die Arnold Schönberg komponierte, freitonal, nahe an der Textvorlage, ohne sie zu duplizieren. Der Wettbewerb des Landesmusikrats NRW, gefördert vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW, konnte dergestalt im Studio der musikFabrik eine beeindruckende Bandbreite musikalischer Kreativität präsentieren.

rvz

Fotos: Lasse Opriel, Valentin Ruckebier (blätternd), Yuhao Guo und Silas Kurth mit Ruckebiers „Cèu“ am 5. Juli 2013 im Kölner Studio der musikFabrik. Nicolas Tribes interviewt Christian Brandenburger. Johanna Ebener-Holscher, Leander Ruprecht und Alexander Zhibaj mit Ruprechts Celan-Vertonung. Fotos: LMR NRW.