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Musikalisches Ideenfeuerwerk

Preisträgerkonzert Jugend komponiert in Essen

Im RWE-Pavillon stellten die Philharmonie Essen und der Landesmusikrat NRW zehn preisgekrönte Werke des Wettbewerbs Jugend komponiert NRW 2009 vor. Zwanzig Solo- und Ensemblemusiker sowie ein komplettes Blasorchester realisierten eine erstaunliche Fülle musikalischer Ideen. Erleben konnten die Besucher, dass man auch in historischen stilistischen Genres durchaus noch einen eigenen Personalstil entwickeln kann, dass es aber auch die verschiedensten Formen einer gegenwärtigen Sprache unter jugendlichen Komponisten gibt. Vom frühklassischen Divertimento über einem romantischen Trio bis zur Jazzkomposition waren viele Genres vertreten, wobei es keine Referenz an die so lange bedeutende Dodekaphonie gab.

Steffen Jungmann wurde schon in jungen Jahren Leiter eines Blasorchesters, des Musikvereins 1898 Wulmeringhausen. Für die Konzerte des Orchesters musste er oft einzelne Stimmen umschreiben, dann ganze Werke arrangieren und mehr und mehr wurde er auch zum Komponisten eigener Sätze. Mittlerweile legt er komplette Kompositionen für Blasorchester vor, so die impressionistische Studie „Sonnenaufgang“, die in gedeckten Klangfarben langsam Sonnenstrahlen in die Morgendämmerung einbrechen lässt. Der Musikverein kam in voller Stärke in den RWE-Pavillon der Philharmonie Essen und brachte die Dichtung seines 17jährigen Leiters zu Gehör.

Maximiliam Guth beschäftigt sich mit den kleinen Lebewesen dieser Welt. Seine „Miniaturen“ widmen sich unter dem Namen „Mikrokosmos“ u.a. den Bewegungen von Insekten. Timofei Bekassov (Violine), Nigar Movsum (Violine), Carol Traut (Viola) und Michael Bender (Violoncello) interpretierten die teils fragmentarisch wirkenden Sätze, die in feinst zirkulierenden Bewegungen verlaufen, dabei zögern, innehalten und die großen Gesten scheuen.

Utako Washio (Jg. 1987) stellte zwei Kompositionen vor, „Mivalli“ für Violoncello und „M+D-I“ für Blockflöte solo und Weinglas. Das „D-I“ des Titels ist als sms-Grafik eines liegenden Weinglases zu verstehen. Bei den jüngeren Zuhörern kam dieses Stück, das Daniela Schütz mit Blockflöte in ein gefülltes Weinglas blies und gurgelte, am besten an, wie auch die achtjährige Komponistin Charlotte Stärk freimütig im Gespräch mit Moderator Nicolas Triebes bekannte. Sie selbst spielte zwei eigenen Klavierstücke, „Das Wiegenlied“ und „Kutschfahrt“, zwei muntere Exemplare von Programmmusik.

Der 15jährige Komponist Aris Alexander Blettenberg macht kein Hehl darauf, dass für ihn die historische Epoche der musikalischen Klassik die wichtigste ist. Immer schon komponierte er in diesem Sujet und er wird es wohl so schnell auch nicht verlassen, wenn sein Divertimento für zwei Violinen und Violoncello auch einige Ausreißer in die Spätromantik zulässt. Anton Georg Gölle, Franziska Lindner und Veronika Sommer loteten Blettenbergs Divertimento aus und zeigten, dass eine Stilkopie viel Eigenes enthalten kann.

Valentin Ruckebier (Jg. 1997) brachte „Sechs kleine Duette“ für zwei Violinen auf die Bühne, die Bekassow und Movsum spielten. Sie wirken wie muntere kontrapunktische Studien, erhalten von Valentin Ruckebier aber programmatische Titel (Der Gummiball etc.), die die Bewegungen in Bildsprache übersetzen.

Max Lukas Hundelshausen (Jg. 1991) führt seine Hörer in seinem Werk „Räume“ in eine Art Krankenhaus, in dessen Behandlungsräumen Menschen mit medizinischen Befunden konfrontiert sind. Es sind sehr nachdenklich reflektierende Kompositionen, mitunter von großer emotionaler Intensität, die sich gekonnt von Überzeichnungen fernhalten. Jan Degenhardt (Vibraphon), Timofei Bekassow (Violine), Carol Traut (Viola), Michael Bender (Violoncello) und Lisa Schulz (Klavier) ließen sechs der „Räume“ erstehen.

Der Pianist Yuhao Guo (Jg. 1992) spielte mit Alexandra Suhr (Violine) und Johanna Bäß (Violoncello) sein Klaviertrio, ein neoromantisches Kleinod mit ausgreifenden melodischen Gesten, gestreckten Streicherkantilenen und treibenden Klavierkaskaden. Wie Hundelshausen erhielt Guo einen besonderen Publikumsapplaus.

Den fulminanten Abschluss bildeten Konstantin Rohleders „Venice Beach Stories“. Der Schlagzeuger des Jugendjazzorchesters NRW hatte mit den Strandgeschichten und Konstantin Döben (Trompete), dessen Part in Essen Lorenzo Lüdemann übernahm, Tobias Link (Posaune), Clara Haberkamp (Piano) und Lorenz Rosenthal (Bass) bereits den Landeswettbewerb Jugend jazzt NRW gewonnen und drei Preise auf der Bundesbegegnung Jugend jazzt in Hannover erreicht. Auch das Publikum im RWE-Pavillon ließ sich von den verschlungenen melodischen Linien des Quintetts und zwei ausladenden Soli von Clara Haberkamp und Rohleder gerne erobern.

Wettbewerbsleiter André Stärk dankte den jungen und älteren Musikern für ihren Einsatz bei der Realisierung der Werke sowie Michael Bender (Landesmusikrat NRW) für die Organisation des Abends.

Jugend komponiert wird vom Landesmusikrat NRW getragen und ist ein Förderprojekt des Ministerpräsidenten des Landes NRW. Das Preisträgerkonzert war eine Veranstaltung der Philharmonie Essen und des Landesmusikrats.

Fotos: Preisträger Max Hundelshausen, Wettbewerbsleiter Prof. André Stärk, Juror Dr. Walter Lindenbaum.
Moderator Nicolas Triebes und Preisträger Konstantin Rohleder im RWE-Pavillon der Philharmonie Essen.
Fotos: LMR NRW