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Musik im pädagogischen Alltag: Eine Tagung gab in Bielefeld Impulse

Die Fachtagung an der FH Bielefeld „Musik im pädagogischen Alltag“ hielt, was sie versprach. Am 5. Februar kamen auf Einladung der FH und der Bertelsmann Stiftung fünfzig Teilnehmende im modernen neuen Gebäude der FH Bielefeld zu Impulsen und Perspektiven zusammen. Die für den Schwerpunkt "Musikalische Bildung" im Studiengang Pädagogik der Kindheit Zuständige, Prof. Dr. Anne Weber-Krüger, führte gemeinsam mit Anke von Hollen von der Bertelsmann Stiftung gekonnt durch einen durchstrukturierten Tag, der ausreichend Raum für Erfahrungsaustausch bot.

In seinem Vortrag über die Praxis des MIKA-Konzepts – also die Praxis von Musik im Kita-Alltag – gab der Musikpädagoge und Musiktherapeut Johannes Beck-Neckermann aus Schweinfurt zahlreiche praktische Anregungen. Sämtliche Zuhörer fanden sich sofort einbezogen in Lausch- und Klangaufgaben, die die Praxis ad hoc erfahrbar machten. Nach Beck-Neckermann beginnt Musik mit dem Identifizieren klangvoller Momente, die dann weiter entwickelt werden können, gern auch ohne Instrument. Sein Credo ist das Erzeugen einer eigenen musikalischen Idee, in der Kinder sich als Wahrnehmende und Schöpfende erleben. Jede Emotion hat einen eigenen Sound, der bei Kleinkindern rasch hörbar wird, den Erwachsene sich aber in der Regel abgewöhnt haben. Er empfiehlt, diesen Sound der eigenen Emotion zu finden und hörbar zu machen, um der eigenen Musik auf die Spur zu kommen.

Stefan Wolf, Geschäftsführer der Peter Gläsel Stiftung aus Detmold, beschrieb in seinem folgenden Vortrag, wie Lernen durch Beteiligen erfolgt und Partizipation an Kita und Grundschule umgesetzt werden kann. Das Motto der Stiftung, „Gemeinsam Stärken bilden“ entstand aus der Überzeugung, dass Bildung kein Produkt ist, sondern ein Prozess, der entsteht. Kinder und Jugendliche sind Architekten ihrer Bildungsbiografie, sie müssen partizipativ beteiligt werden. Die Tücke liegt allerdings in der Umsetzung, bei der das Institut für Partizipation Kiel mitwirkte. Die Stufen der Partizipation von Nicht-Information/Manipulation über Information, Mitsprache, Mitbestimmung bis zur Selbstbestimmung wurden für die Kita durchdekliniert.

Wenn ein pädagogisches Setting Zugehörigkeit, Autonomie, Kompetenz und Anerkennung ermöglicht, ist es gelungen. Partizipative Strukturen lassen dies in besonderem Maße zu. Sowohl an der Kita als auch an der frisch gegründeten Grundschule der Stiftung wurden und werden diese fortwährend weiter entwickelt. Ein Picknick im November, dringend erwünscht und selbstständig von den Kita-Kindern organisiert? Es wurde ein großer Erfolg in der Verantwortung der Kinder, die sich mit allen Widrigkeiten, die dieses Vorhaben auf den ersten Blick zu haben scheint, auseinander setzten und daran wuchsen. Dieses und weitere köstliche Beispiele gaben Einblick in die beachtliche Arbeit der Kita am Pöppenteich und der Peter-Gläsel-Grundschule in Detmold.

Die dann folgenden Barcamps boten die Möglichkeit, das Modellprojekt „Kita und Musikschule“, die Netzwerkentwicklung Musik im Kita-Alltag, die Mobile Musikwerkstatt Münsterland mit dem Musikbus, die Mobile Musikwerkstatt Berlin mit ihren Flüchtlingsprojekten und den kreativen Umgang mit dem Monochord bei Johannes Beck-Neckermann kennen zu lernen. In Kurzpräsentationen wurde das Erfahrene zusammengefasst und nochmals gemeinsam unter Anleitung von Maxi Heinecke von der Mobilen Musikwerkstatt Berlin musiziert.

Den abschließenden Vortrag zum Thema „Ethische Fragen an eine kultursensible musikalische Bildung in KiTa und OGS angesichts von Flucht und Migration“ hielt Prof. Dr. Marion Gerards von der Katholischen Fachhochschule Aachen. Ein aktuelles Thema, dem anzumerken war, dass hier noch eine Menge zu entdecken ist. Ausgehend von der Prämisse, dass die Lieder der frühen Kindheit emotionale und sinnliche Prägungen sind, die uns das ganze Leben hindurch begleiten, entwickelte Gerards ein Bild vom derzeitigen Stand und möglichen künftigen Entwicklungen. Sollen an einer Kita christliche Lieder gesungen und christliche Feste gefeiert werden, wenn eine hohe Anzahl von Kindern aus anderen Religionen und Kulturkreisen stammt? Gibt es türkische oder arabische Kinderlieder, die für den Einsatz an Kita und Schule geeignet sind? Macht die Umwandlung dieser Lieder von ihren ursprünglichen Tonarten hin zu dur-moll-tonalen Liedern Sinn?

Gerards plädiert für die Anerkennung der vorhandenen musikalischen Lebenswelten jedes Kindes, die auch bei der Herkunft aus anderen Kulturen nicht unbedingt typisch für diese Kultur sein muss. Eine vielfältige „Alphabetisierung“ ist Ziel einer kultursensiblen musikalischen Bildung, die zur Teilhabe befähigen soll. Mit ihrem Vortrag beschritt sie eine Richtung, die unbedingt weiter zu verfolgen ist und die für unsere sich wandelnde Gesellschaft von hoher Bedeutung ist.

Insgesamt eine gelungene Mischung, die viele Themen anriss, die weiter verfolgt werden sollten und zugleich ein Treffen von erfahrenen Praktikern mit Studierenden, die sich bestens um das Wohl der Gäste kümmerten. Die Reise nach Bielefeld hat sich gelohnt.

(Antje Valentin)

Fotos: Johannes Beck-Neckermann und Studierende am Monochord, 5. Februar 2016 in der FH Bielefeld; Vortrag von Stefan Wolf; Anke von Hollen, Marion-Gerads, Johannes Beck-Neckermann, Anne Weber-Krüger und Stefan Wolf; Fotos: LMA NRW.