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Foto: WDR

Diskussion zur Schnittstelle von Musikhochschule und Berufsmusik

Über zwei Jahre hinweg hat die Arbeitsgemeinschaft "Musik in Beruf, Medien und Wirtschaft" des Landesmusikrats NRW Diskussionsrunden und Vorträge zum Thema "Musik und Beruf" durchgeführt. Zum Abschluss diskutierten am 12. Januar im WDR-Funkhaus Köln Carola Bauckholt (Komponistin / Verlegerin), Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (Staatssekretär für Kultur NRW), Dr. Andrea Hanke (Dezernentin für Schule, Kultur und Sport der Stadt Münster / Kulturausschuss des Städtetages NRW) und Prof. Dr. Werner Lohmann (Präsident des Landesmusikrates NRW). Werner Wittersheim (WDR 3) moderierte die Diskussionsrunde "Was soll aus euch nur werden" " Die Zukunft der Berufsmusik" im Rahmen des Kulturpolitischen Forums von WDR 3.

Führt das Studium an einer Musikhochschule in ein Berufsleben, in dem ein Musiker überleben kann" Oder bilden die Hochschulen an den beruflichen Chancen vorbei aus" Carola Bauckholt stellte für das Kompositionsstudium fest, dass es zunächst einmal nicht darum gehe, eine Beschäftigungsgarantie für Studenten zu geben. Wer Komposition studiere, stelle sich die Frage, wie er sein Leben ideell gestalten kann, während die materielle Lage für ihn zweitrangig sei. "Doch warum schrumpft das finanzielle Feld für die Bestimmung der eigenen kulturellen Identität immer mehr"" Sie forderte, neue Felder zu schaffen, auf denen die Künstler etwas ausprobieren können: Die Politik sollte nicht auf die Leuchttürme sehen, sondern Foren unterstützen und schaffen. Darin folgte ihr Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff als Vertreter der Landesregierung durchaus: "Wir sind am allerwenigsten angetreten, um neue Leuchttürme zu schaffen. Wir wollen auch wieder stille Arbeit fördern." Zeitgenössische Musik findet zuwenig statt, und der Staatssekretär appellierte an öffentliche Institutionen, vermehrt Kompositionsaufträge zu vergeben und Neue Musik auch bei politischen Anlässen aufzuführen.

Doch Aufträge führen noch nicht zu Foren, auf denen aufgeführt und experimentiert werden kann. Wie steht es um die Spielstättenförderung in NRW" Selbstbewusst stellte Andrea Hanke die kulturelle Infrastruktur in Münster als positiv heraus. Die Stadt hält z. B. ein Haus für die freien darstellenden Künstler vor. Für viele Kommunen in NRW bedeute aber ein angespannter Haushalt oder gar die Haushaltssicherung durch den Regierungspräsidenten ein unüberwindliches Hindernis vor einer Förderung der kulturellen Infrastruktur. Auch der Staatssekretär räumte Defizite in der Spielstättenförderung ein: "Wir können das aber nicht alleine machen." Angesichts der zunehmenden Schließung von Kirchengebäuden in Deutschland regte er an, diese für die Kunst zu öffnen. Die Städte können auch andere Ressourcen zur Verfügung stellen. Werner Lohmann wies dabei auf ein Problem vor allem in der Popmusik hin: Junge Bands haben oft Interesse an Proberäumen in Schulgebäuden und scheitern dann an den hohen Kosten für Hausmeisterstunden, Licht und Heizung.

Hier zeichnen sich positive Ansätze zur Linderung einiger Probleme ab, eine grundsätzliche Homogenisierung des Verhältnisses von Hochschulausbildung und Berufsmöglichkeiten steht jedoch nicht im Raum. Die Arbeitsgemeinschaft "Musik in Beruf, Medien und Wirtschaft" des Landesmusikrats NRW hat die Schieflage zwischen Berufsausbildung und Realität in ihren Veranstaltungen mit vielen Daten belegt. Da viele Musikstudenten nie im angestrebten künstlerischen Beruf unterkommen werden und sich dann wahrscheinlich als Musiklehrer verdingen werden, sollten die Hochschulen nicht generell eine stärkere pädagogische Befähigung in allen Studiengängen vermitteln" Werner Lohmann plädierte dafür, dass das Hochschulstudium generell zu einer Mehrfachqualifikation führen sollte, damit kein Absolvent auf einem Schmalspurgleis weiterkommen muss. Im Mehrfachen müsse aber nicht unbedingt die Pädagogik enthalten sein. Carola Bauckholt forderte, dass die kreativen Bereiche der Hochschulen von pädagogischen Verpflichtungen ganz freigehalten werden. Doch ist es nicht wichtig, fragte Hans-Heinrich Brockhoff, dass die Kinder in den Schulen nicht nur die Kunst, sondern auch Künstler als Personen kennenlernen" Sein Landesprogramm "Kultur und Schule" führt auch Musiker als Künstler in den Schulunterricht und lässt sie projektweise mit Schulklassen arbeiten. Gut, aber bitte mit den Pädagogen, relativierte Carola Bauckholt, und nicht an deren Stelle.

Selbstverpflichtungen

Auch das vom Kulturreferenten des Städtetags NRW und von der Arbeitsgemeinschaft des Landesmusikrats vorgeschlagene Modell einer Selbstverpflichtung der Kommunen zu bestimmten kulturellen Aufgaben stand im Sendesaal zur Diskussion. Kann sich eine Kommune eine Kultursatzung geben und dadurch die Wahrnehmung ihrer kulturellen Aufgaben schützen für den Fall, dass sie durch Verschuldung in die Haushaltsicherung durch den Regierungspräsidenten gerät" Andrea Hanke, immerhin Mitglied des Kulturausschuss des Städtetages NRW, glaubt nicht an eine solche Kultursatzung. Die Bezirksregierung würde sie im Zweifelsfalle nicht genehmigen, und generell habe eine Kommune an einer Selbstbindung kein sonderliches Interesse. Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff hält eine solche Selbstbindung für einen Irrweg und verglich ihn mit einer Gaststättenverordnung für das Kulturleben. Wenn eine Kommune oder ein Land solcherart gebunden wären, seien sie kaum motiviert, ihre Kulturausgaben zu verdoppeln, wie es das Land NRW derzeit über die Legislaturperiode hinweg unternimmt. Werner Lohmann gratulierte Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff zu seinem Einsatz für das Kulturleben in NRW, wies aber darauf hin, dass es außer der aktuellen guten Phase auch wieder schlechtere Phasen geben könne, wie sie das Kulturleben in NRW hinreichend erlebt habe. Und in diesen schlechten Phasen könne eine solche Selbstverpflichtung auf freiwilliger Basis eine minimale Sicherheit geben.

Musikschulen morgen

Werner Lohmann dachte dabei vor allem an die Musikschulen. Gerade denen aber prophezeite der Staatssekretär eine große Zukunft: "Die Musikschulen haben am allerwenigsten zu fürchten. Sie werden gefragt sein wie noch nie." Doch tatsächlich ist die Musikschule für eine mittlere Stadt meist der größte Kostenfaktor im Kulturleben und dem besonderen Augenmerk des Kämmerers ausgesetzt, wofür Werner Lohmann Beispiele nannte. Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff konnte mit berechtigtem Stolz auf das vom Land NRW und von der Bundeskulturstiftung geförderte Großprojekt "Jedem Kind ein Instrument" verweisen, das jedem Kind in zehn Kommunen des Ruhrgebiets die Möglichkeit des Instrumentalunterrichts bei minimalen Kosten für die Eltern eröffnet. Die Musikschulen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Die kulturelle Bildung genießt in der Kulturpolitik des Landes NRW eine besondere Wertschätzung, und der Kulturstaatssekretär appellierte an die Runde: "Wir sollten dieser Gesellschaft klar machen, wie wichtig kulturelle Bildung auch für das Fortbestehen der Gesellschaft selbst ist." Die Antwort auf die Frage, auf welche Berufschancen hin die Hochschulen ausbilden, läge damit nicht in einer Neuordnung der Studien oder in einer Umgestaltung des Berufsleben "von oben" her, sondern in einer deutlich verstärkten kulturellen Grundbildung der jungen Generationen, auf denen das öffentliche Musikleben von morgen ruht. (rvz)

Das Kulturpolitische Forum wird am 21. Januar 2007 um 19.05 Uhr auf WDR 3 gesendet.

Informationen dazu finden Sie auf der Internetseite des <link http: www.wdr.de radio wdr3 _blank>WDR.

Die Sendung steht Ihnen im Laufe des Folgetages auch im <link http: www.wdr.de radio radiohome download_neu wdr_3-podcasting.phtml _blank>WDR 3 - Podcastportal zur Verfügung.

Diskussionspapier <link fileadmin user_upload stumpf forderungen_musik_und_beruf.pdf _blank>Musik und Beruf " Forderungen und Vorschläge (PDF-Datei, 9 KB) ...

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