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Brückenklang in Olpe: Interkulturelle Nachwuchsarbeit

Das Programm „Brückenklang“ lud am 3. September zu einer Begegnungsveranstaltung ins Alte Lyzeum Olpe. Auf dem Programm stand die interkulturelle Öffnung der Nachwuchsarbeit in der Laienmusik von NRW. Mit Impulsvorträgen, Praxisberichten und musikalischen Vorführungen näherten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diesem Problemfeld, dem sich ein Verein auch dann stellen muss, wenn er keine ausgewiesen migrationsbezogenen Ziele hat. Projektreferentin Anne Tüshaus stellte die Arbeit des Programms „Brückenklang“ vor, Robert v. Zahn moderierte durch die Veranstaltung.

Partner des Landesmusikrats waren der Verein Miteinander in Olpe und die Olpener Musikschule, deren Leiter Jörg Klüser die Besucher im Lyzeum begrüßte. Der Vorsitzende von Miteinander in Olpe, Johannes Haarmann, schilderte die kulturelle Vielfalt in Olpe. 3.500 Menschen mit Zuwanderungsgeschichte leben in Olpe. Der Verein organisiert Begegnungen und gemeinsame Aktionen, die die Menschen einander bekannt macht. Entstanden ist er aus der Initiative eines Runden Tisches, der sich mit dem Zusammenleben von Alteingesessenen und Zuwanderern beschäftigte.

Die Spezialistin für interkulturelle Jugendarbeit Nuray Ateş referierte über die interkulturelle Öffnung der Nachwuchsarbeit: Interkulturelle Arbeit erfordere, dass man sich zuerst der eigenen Kultur vergewissert und sich verständigt, welche Musikkultur man in die Begegnung einbringen möchte. Und Nachwuchsförderung beginne mit der Frage, wen genau man fördern möchte, mit welchem Mitteleinsatz und mit welchem Ziel. Sensibilität ist nötig, denn gerade Musik spielt in den meisten Zuwanderungskulturen eine ganz besondere Rolle. Sie soll zur Wahrung der Identität unverändert bleiben. Zur Nachwuchsarbeit gehöre daher immer auch ein Dialog mit den Eltern.

In der Diskussion wies Ulrich Papencordt, Stellvertretender Leiter der Musikschule Hochsauerland, darauf hin, dass in seinen Flüchtlingsprojekten die jungen Teilnehmer meist weder ein Bedienen ihrer Herkunftskultur noch eine musikalische Vermengung, sondern gerade westliche Kunstmusik lernen wollten. Nuray Ateş bestätigte dieses Beobachtung. Man müsse sie in die Planung einbeziehen. Martin Theile, Stiftung Jedem Kind ein Instrument, Tanzen, Singen, problematisierte das Erreichen der Zielgruppe. In der Region Olpe habe jedes Dorf ein Blasorchester. Viele junge Chöre seien dazu gekommen. Doch mit interkulturellen Fragestellungen seien sie schwer zu erreichen. Der Vorsitzende des Integrationsrats in Olpe Cevdet Aydin empfindet die Einwanderungsszenen als zu wenig strukturiert. Der Mangel an Strukturen führe auf beiden Seiten zu geringerem Interesse an Kommunikation. Das sei in Köln und im Rheinland anders.

Vom Diskutanten stieg Ulrich Papencordt zum Referenten auf. Er ist nur Stellvertretender Musikschulleiter, sondern auch im Vorstand des Landesverbands der Musikschulen. Und so berichtete er über die interkulturelle Arbeit der öffentlichen Musikschulen im Lande. Der Landesverband richtet zusammen mit dem Landesverband seit Jahrzehnten den Wettbewerb Folk+World Music NRW für Schülerbands aus. Vom traditionellen Folkcontest der 1980er wandelt er sich zum Forum für kulturelle Vielfalt, das nächste Mal findet er am 7. Oktober 2017 in Bochum unter dem Namen "Global Music NRW" statt. Das Programm MüzikNRW des Landesverbands etablierte in einer ersten Veranstaltungsserie seit 2013 türkische Musik an öffentlichen Musikschulen und weitet dies derzeit in einer zweiten Serie auf andere Kulturen aus, zumal auf die arabische.

Tom Daun berichtete aus der Arbeit seines Ensembles Tarab und das Ensemble gab ein kleines Konzert im Alten Lyzeum. Der Harfenist hat es an der Musikschule Solingen aus Geflüchteten gebildet und bereitet die Aufführung eines Musicals vor. Der Kreis ist groß, bis zu 25 Teilnehmer in einer Probe erarbeiten die Musik des Musicals kollektiv. Logistische Unterstützung kommt von der Musikschule und von Trommelmäzen Papa Joe, der vor Jahren aus Gambia kam und Perkussion zur Verfügung stellt. Fluktuation ist Prinzip. Mehrfach sind schon Flüchtlinge aus dem... Ensemble abgeschoben worden.

Die Musiker schlagen Melodien vor, Daun sucht sie auf Youtube und schreibt Notensätze aus. Viele orientalische Hits sind einstimmig, allenfalls mit Bordun gehalten. Daun erweitert sie zur Mehrstimmigkeit. Türkische Lieder in kurdischer Sprache sind im Repertoire, libanesische Schlager aus den 1960ern, Bollywoodhits, ein Reggae von Bob Marley und mehr. In der jüngsten Probe kamen zwei junge Männer aus Eritrea hinzu, die eine äthiopische Harfe mitbrachten, was wieder neue Stücke erforderte. Manche Musiker haben kaum musikalische Vorbildung, können aber mitsingen und mittrommeln. Ihre Mitwirkung macht die Probe zur Party, die Künstler unter den Flüchtlingen zuweilen verprellt. Das erfordert einen Balanceakt mit unterschiedlichen Probentypen. Doch die Ergebnisse motivieren sehr. Am 9. November wird Tarab das Musical in der Cobra Solingen aufführen.

Yao Houphouet stellte sein Projekt Capoeira Clash aus der Arbeit von Ensible e.V. im Sauerland vor. Capoeira ist eine Kampfkunst oder ein Kampftanz, in diesem Fall ein Miteinander. Drei Ebenen kommen hier zusammen: der Kampf, die Musik und der „Roda“, ein Kreis als gesellschaftlicher Rahmen des Kampfes. Die Kampftechniken selbst sind flexibel und akrobatisch. Dabei gibt es traditionell Musik, Endlos-Rhythmen in Variationen; dazu singt man Lieder. Alle können hier mitmachen, Menschen mit Förderbedarf, Menschen mit Fluchterfahrungen, Neulinge, Sportliche, Unsportliche. Capoeira Clash gab eine Demonstration, die weniger auf Vorführung denn auf Mitmachen setzte. Eher verhalten klatschten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den sehr einfachen Rhythmus mit und beobachteten das Geschehen. Es ist ein soziales musikalisches Tun, das teilte sich aus dem Geschehen unmittelbar mit.

Das Resumee der Begegnungsveranstaltung fiel zufrieden aus. Der Tag bot viele neue Ansätze des praktischen Miteinanders von Kultur zu Kultur – Brücken lassen sich schlagen. „Brückenklang“ ist ein Programm des Landesmusikrats NRW und des Musikreferats des Kulturministeriums in Kooperation mit der Landesmusikakademie und weiteren Partnern. Projektreferentin ist Anne Tüshaus, die auch für die Organisation dieser Veranstaltung sorgte, Förderer das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW.

rvz

Fotos: Capoeira Clash von Yao Houphouet in Olpe; Tom Daun Ensemble Tarab; Ulrich Papencordt referiert über die Arbeit des Landesverbands der Musikschulen in NRW. Fotos: LMR NRW.