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Zwei Japanerinnen in Köln

Am 14. November stellte Frau Musica (nova) in ihrem diesjährigen Portraitkonzert im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks zwei Japanerinnen vor, die seit einigen Jahren in Köln ihr musikalisches Zuhause gefunden haben. Noriko Kawakami, 1955 in Ehime auf der Insel Shikoku geboren, lebt seit 2002 als freischaffende Komponistin in der Domstadt und Malika Kishino, 1971 als Tochter eines buddhistischen Tempelvorstehers in Kyoto geboren, seit 2006. Letztere hat zunächst in Japan ein Jurastudium absolviert, bevor sie in Paris ein Kompositionsstudium bei Yoshihisa Taira begann und über Lyon und noch einmal Paris (IRCAM) nach Köln kam.

Das Thürmchen Ensemble begann das Konzert mit drei Stücken von Noriko Kawakami, die 1987 nach Deutschland kam, um bei Klaus Huber in Freiburg und Nicolaus A. Huber an der Folkwang-Hochschule Essen ihre Kompositionsstudien fortzusetzen. In „Oh, die wilde Rose blühet …“ (2004) nach James Joyce‘ „Ein Porträt des Künstlers als junger Mann“ wirft sie eine ungestüme, von Kontrasten geprägte Kinderwelt auf die Leinwand. Durch Klarinette und Flöte bläst der Wind, das Schlagwerk zaubert, sekundiert von Geige, Cello und Klavier, mit der ganzen Palette seiner Klangmöglichkeiten.
In dem 2008 entstandenen, aber erst jetzt uraufgeführten „Ima Hitotabi no – once more (Farbschattierung III)“ für Klarinette, Klavier und Violoncello setzt sich die Komponistin mit der Empfindungswelt von Synästhetikern auseinander, die sie in den Ausdruck einer außergewöhnliche Sensibilität übersetzt. Es entstehen Momente voller Poesie, die ihren asiatischen Hintergrund nicht verleugnen. Gebannt lauschte das Publikum den Farbwechseln, anrührend erhebt sich einmal eine brüchig-zarte Flageolett-Kantilene des Cellos.
In „Zwischen Immer und Nie“ für Akkordeon, Klavier, Schlagzeug, Violine und Violoncello, einer 2010 von Frau Musica (nova) in Auftrag gegebenen und ebenfalls uraufgeführten Komposition, spielte Außermusikalisches und Geräuschhaftes eine besondere Rolle, wobei das ausgedehnte Wasserplätschern gleich zu Beginn – hoffentlich beabsichtigt – durchaus humoristische Züge trug.

Malika Kishino präsentierte sich in ihrer Hälfte des Portraitkonzerts zunächst mit der 2006 entstandenen Komposition „Himmelsleiter“ für Altflöte, Bassklarinette, Trompete, Violine, Violoncello und Klavier. Als Sinnbild für den Prozess zwischen Geburt und Läuterung steht die im Schlamm keimende Lotusblume. Stetige Glissandi symbolisieren das Aufsteigen zum Himmel. In „Lebensfunke“ für Große Trommel und Stereotonband (2007) wurde der Klangraum des Sendesaals durch das im ZKM Karlsruhe und im Experimentalstudio Akustische Kunst Freiburg realisierte Zuspielband über die Lautsprecher erweitert. Thomas Meixner lotete die Spielmöglichkeiten der Großen Trommel aus und verwob seinen Part organisch mit den elektroakustischen KIängen. Das ebenfalls 2010 entstandene „Aqua Vitae II“ für Flöte, Klavier, Violine, Violoncello und Schlagzeug, mit dem das Konzert zu Ende ging, beschließt eine Kompositionstriologie, die sich die Bewegung und Kraft des Wassers zum Vorbild energetischer Prozesse macht. Dabei schien das Stück weniger im Lautmalerischen zu verharren, als – unter Einbezug von Wein- und Sektgläsern – strukturell konzipiert zu sein.

Das Thürmchen Ensemble spielte unter der Leitung von Erik Ona in folgender Besetzung: Evelin Degen (Flöte), Diego Montes (Klarinette), Susanne Zapf (Violine), Ulrike Zavelberg (Violoncello), Dorothea Eppendorf (Klavier), Thomas Meixner (Schlagzeug), Eva Zöllner (Akkordeon) und Jens Bracher (Trompete).

Das Konzert sowie der Kompositionsauftrag an Noriko Kawakami für „Zwischen Immer und Nie“ wurde vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport über den Landesmusikrat NRW gefördert.

Der Deutschlandfunk sendet Teile des Konzertmitschnitts am 22. Januar 2011, 22.05 bis 22.50 Uhr, im „Atelier neuer Musik“.

hs

Foto (v.l.n.r.): Ulrike Zavelberg, Thomas Meixner und Eva Zöller beim Konzert am 14.11.10 im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks in Köln. Foto: LMR NRW