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Rillengrillen-Workshop im Getaway Solingen

Muss ein Elektroniker auch Musikant sein"

 

Der Landesmusikrat NRW brachte Sieger der vergangenen drei Rillengrillen-Wettbewerbe in einem Workshop und in einer anschließenden Session am 24./25. Oktober zusammen: Johannes Dicke (Sieger von 2008), Tobias Löhr, Lars Knapik, Roland Dill (Sieger von 2007 und Organisatorischer Leiter des Workshops) diskutierten mit Oliver Hacke (Dozent und Juror von Rillengrillen) und Gleichgesinnten über Berufsmöglichkeiten, die Gefahren und Chancen alles ermöglichender Software und den Untiefen am Wege eines DJs mit künstlerischem Anspruch.

 

Im Club "Getaway" in Solingen enstand im kleineren von zwei "Floors" an runden Fasstischen und Laptops ein Unterrichtsraum, der über weite Strecken weniger einer Frontalvermittlung als der Disputatio diente. Kontrovers wurde beispielsweise im Rahmen der Berufsmöglichkeiten der Nutzen von Agenturen diskutiert. Es gibt keinen, entscheidet Pierce Treude (DJ Pierce) resolut: Das A und O sind persönliche Kontakte. Ohne die kommt man kaum an gute Auftritte. Und Oliver Hacke weiß Beispiele dafür zu nennen, dass die Agenturverträge mit allen ihren Bedingungen auf Veranstalter nur abschreckend wirken.

 

Jana-Maria Heinz hingegen, die im Booking von Traum-Schallplatten arbeitet, nennt die Vorzüge der Agenturen: Minimalstandards für die Künstler bei den Gigs, die bitter notwendig sind, auch eigene Veranstaltungen der Agenturen (Label-Abende), bei denen "headliner" nicht ganz so bekannte Künstler mitziehen können, und bei manchen Unternehmen auch geschickte Marketingstrategien bezüglich der Kombination von Plattenproduktionen und Gigs der betreuten Künstler. Letzterem stimmt Oliver Hacke zu. Seine letzte Platte erschien 2006. Das sei zu lange her, um die Qualitätskurve der Gigs hochzuhalten. Doch da er sein Studium beenden wollte, war zwischenzeitlich keine Produktion drin. Erst Dezember 2008 wird seine nächste Platte auf dem Markt kommen. Eine geschickt arbeitende Agentur kann aber solche Dellen im "output" ausbügeln.

 

Welche Chancen hat ein DJ, der am Markt bestehen, aber gleichzeitig seinen eigenen künstlerischen Stil finden will" Geringe, meint ein Wettbewerbssieger und macht wenig Hehl daraus, dass er vor allem bei Tänzern ankommen will. Ein künstlerisches Profil ist nachrangig. Andere protestieren und halten eine eigene künstlerische Entwicklung für machbar. Reguliert der Markt die Qualität" Oliver Hacke stellt die Gegenfrage: Was bedeutet schon Markt" Für die meisten ist der Markt nicht mehr als die nächst gelegene Distributionsstufe. Heutzutage bietet die digitale Distribution allen und allem Möglichkeiten. Mit Vor- und Nachteilen. Zum wirtschaftlichen Star wird kaum noch jemand.

 

Der Workshop hat sich, ohne so geplant gewesen zu sein, zu einem Treffen der Elektroniker entwickelt. Die fachsimpeln über die Software "Ableton Live" und deren Komfort. Muss man eigentlich noch traditioneller Musiker sein, um ein guter Elektronikkünstler zu werden" Auch die Pioniere, die von Cubase herkommen, erkennen an, dass eine gute Software die künstlerischen Möglichkeiten erweitert. Pierce schlägt den Bogen zur klassischen Musik: Das Genre leidet seiner Meinung immer darunter, dass ein großer Interpret neben den künstlerischen Fähigkeiten große manuelle Eignungen braucht. Die manuellen Fähigkeiten begrenzen den künstlerischen Ausdruck. Der elektronisch arbeitende Künstler hat diese Hemmnisse nicht, alles steht seiner Kunst offen.

 

Andere widersprechen: Jana-Maria Heinz erwartet auch von einem DJ musikantische Fähigkeiten und musiktheoretische Grundlagen. Ohne gründliche Kenntnis der Harmonien kann ein DJ nicht zu einem wirklichen Künstler werden. Roland Dill unterstützt sie. Er hat nicht nur Rillengrillen gewonnen, sondern auch klassische Kategorien des Jugend-Musiziert-Landeswettbewerbs und des -Bundeswettbewerbs, von Klavier solo und Tenorhorn solo bis zu Ensemble-Wertungen. Ohne diese Fähigkeiten würde er das nicht leisten können, was er unter dem Namen "Mozambeat" vorlegt.

 

In der Nacht zeigen sie, was sie können: Im Getaway legen sie alle auf, von den Preisträgern bis zu den Juroren, Johannes Dicke und Tobias Löhr vorneweg. Der Club ist weiträumig und hat Flair. Das Team von Minimolix richtet hier elektronische Parties aus, Nicolas Stefan, Jürgen Potzkoten & Tobias Christoph haben auch in dieser Nacht ihr beeindruckendes Soundequipment aufgestellt. Die DJs freuen sich über optimale Rahmenbedingungen und nach Mitternacht über 450 Fans. Auch der Gewinner des ersten Rillengrillen-Contests von 2006, Önder Yildiz, besuchte noch den Club. Und der WDR berichtet live in "1Live Klubbing" vom Geschehen.

 

Der Workshop Rillengrillen wurde vom Ministerpräsidenten des Landes NRW gefördert.

 

Fotos:

Pierce Treude, Johannes Dicke und Oliver Hacke im Getaway Solingen, 24.10.08.

Minimolix Anzeige.

Johannes Dicke, Pierce Treude, Oliver Hacke, Tobias Löhr im Getaway.

Fotos: Landesmusikrat NRW