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Almanach mit Musik aus NRW

Kooperation des Labels Obst mit dem Landesmusikrat NRW

Der Obst-Almanach 2009 präsentiert Musik von professionellen Bands der freien Szene, von exzellenten Ensembles der Laienmusik und von Landesjugendensembles des Landesmusikrats NRW. Der Almanach stellt die Stücke nicht bloß nebeneinander, sondern setzt sie in Beziehungen zueinander und scheut dabei auch keine Kontraste.

Der Kölner Filmmusikkomponist und Kontrabassist Andreas Schilling hat für die Fernsehserie »Mord mit Aussicht« eine aktualisierte Volksmusik geschaffen. Einerseits bleibt sie im Klang-Sujet der volksmusikalischen Blasmusik, andererseits führt sie diese mit witzigen Wendungen und Rückungen in eine gegenwärtige Sprache, die auch Hörer anspricht, die mit Volksmusik eigentlich nichts zu tun haben. Klangzitate von landwirtschaftlichen Maschinen und Tieren sind dabei weniger Persiflage als liebevolle Hommage. Die Kölner Saxophonmafia zieht mit dem Ensemble Fleisch auf eine eigene Art in den Sound des Alltags: Die Geräusche von Autoblechen, Kartons und Kreissägen werden von den Saxophonen aufgegriffen und groovend beantwortet.

Nicht nur mit Umgebungsklängen, auch mit Originalen aus anderen Musikwelten setzen sich Künstler auf diesem Almanach auseinander: Zwei Aufnahmen des Landesspielleutekorps NRW unter Bernd Viegener geraten in die Finger von Ernst Gaida-Hartmann. Der Mönchengladbacher Musiker, Tontechniker und Remix-Künstler unterzieht die Kompositionen »City-life« und »Japanischer Tanz« von Georg ter Voert einem Remix, der das Spielleutekorps für Clubs interessant macht.

Ein Programmteil der Obst-CD stellt Musik von Landesjugendensembles aus NRW vor. Das Jugendjazzorchester NRW spielt »Manteca«, den Standard von Dizzy Gillespie in einem Bigband-Arrangement von Wolfgang Breuer. Der Off-Beat lässt wohl jeden Fuß mitwippen. Nicht weniger treibend kommt der »Electric Counterpoint« von Steve Reich einher. Das Jugendzupforchester NRW spielt den Klassiker in einem Arrangement von Christian de Witt, und keiner wird bezweifeln, dass Steve Reich sein Werk gleich für diese Besetzung komponiert hätte, wäre ihm klar gewesen, wie plastisch der flirrende Klang von Mandolinen und Gitarren die Klangwogen dieses Werks entstehen lässt. Herbe Tonstrukturen erbaut das Jugendakkordeonorchester NRW in Stefan Hippes »Short Cuts«: Statt Hafenfolklore erleben wir eine urbane Architektur aus Akkordeonklängen.

Dietmar Bonnen, der "Macher" von "Obst", widmet sich einem anderen Klassiker, Pink Floyds »Wish You Were Here«. Das vieldeutige Stück arbeitet im Original auf zwei musikalischen Ebenen, für die eine steht eine indirekt aufgenommene E-Gitarre, für die andere eine akustische Gitarre, die ungeschminkt und direkt erklingt. Bei Dietmar Bonnen erlebt die doppelschichtige Begleitung eine extreme Reduktion auf wenige schlichte Klavierakkorde, die dem Song eine narrative Direktheit geben, in die sich der Kammerchor Les Saxosythes klangmalend einschaltet. Dieser spezialisierte Mitgliedschor des Chorverbands NRW und das Ensemble Cadeaux (mit Heinz Alt am Akkordeon) gestalten auch eine Stilkopie: »Tu vuo" fa l"americano« von 1955 erklingt vinylkratzend im Klanggewand eines Broadway-Klassikers der 1920er.

Ein Zeitsprung in die 1950er Jahre bringt uns einen der frühesten DJs nahe: Der Komponist Manfred Niehaus erschuf 1959 seine Bühnenmusik zu »Das Gebet« von Fernando Arrabal als eine Collage einer Richard-Wagner- und einer Louis-Armstrong-Schallplatte. Collage ist hier zu verstehen als ein gleichzeitiges Abspielen zweier Vinylplatten mit Vor- und Rücksprüngen. Niehaus selbst rückt die Nadeln, und Bernd Alois Zimmermann war damals gerade von dieser Schauspielmusik so beeindruckt, dass er Niehaus in seine Kompositionsklasse an der Kölner Musikhochschule aufnahm.

Schließlich werden zwei Welten zusammengeführt, akustische Kunst und ein Choral aus dem Repertoire der Blasorchester. Michael Rüsenberg, Spezialist für Soundscapes, für die Gestaltung von Klanglandschaften, nahm das Hupkonzert im Hafen von Lissabon auf. Ohne nachträgliche Eingriffe Rüsenbergs klingt dieses zufällige Verkehrskaleidoskop, als hätten die mitwirkenden Lastwagenfahrer ein strukturiertes Werk geschaffen, in dem sich verminderte Dreiklänge auftürmen. Dietmar Bonnens Dramaturgie lässt in Rüsenbergs Werk den »St. Thomas Choral« von Pavel Stanek einfallen, erhaben gespielt vom Landesblasorchester des Volksmusikerbunds NRW, geleitet von Renold Quade. Unmerklich bleibt Rüsenbergs »Horn Concerto« darunter stehen und nach der Apotheose verklingt die CD mit Gleis- und Naturgeräuschen.

Kompilation und Produktion der CD wurden vom Ministerpräsidenten des Landes NRW gefördert. Ebenso sind die Landesjugendensembles Förderprojekte des Ministerpräsidenten.